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Aufarbeitung sexualisierter Gewalt im evangelischen Pfadfinden startet

Sexualisierte Gewalt: Verband Christlicher Pfadfinderinnen und Pfadfinder (VCP) e.V. startet als erster evangelisch geprägter Jugendverband umfassenden Aufarbeitungsprozess und ruft Betroffene und Zeitzeug*innen auf, sich zu beteiligen.

Sexualisierte Gewalt: Verband Christlicher Pfadfinderinnen und Pfadfinder (VCP) e.V. startet als erster evangelisch geprägter Jugendverband umfassenden Aufarbeitungsprozess und ruft Betroffene und Zeitzeug*innen auf, sich zu beteiligen.

Der VCP hat die unabhängigen Forschungsinstitute Dissens – Institut für Bildung und Forschung e. V. (Berlin) und Institut für Praxisforschung und Projektberatung (IPP, München) beauftragt, mögliche Fälle von sexualisierter Gewalt und die dafür verantwortlichen Strukturen im VCP zwischen den Jahren 1973 und 2020 aufzuarbeiten. Der VCP möchte den Betroffenen gerecht werden und eine kritische Auseinandersetzung im eigenen Verband fördern. Das bedeutet auch, Strukturen in Frage zu stellen und diese zum Wohl der Kinder und Jugendlichen zu überprüfen. Das Wohl der Betroffenen ist dabei handlungsleitend.

Dazu ruft der Verband jetzt Betroffene und Zeitzeug*innen auf, sich bei den Forschungsinstituten per Mail unter aufruf-vcp@ipp-muenchen.de oder telefonisch beim IPP unter der Nummer 089 – 543 59 77- 0 (Di 10 – 13 Uhr, Do 12 – 15 Uhr) zu melden. Dieser Aufruf sowie das gesamte Projekt und das Studiendesign wurden heute Vormittag bei einer Pressekonferenz öffentlich vorgestellt.

Peter “flip“ Keil, Bundesvorstand: „Der VCP ist ein bundesweit agierender Verband – über die 50-jährige Geschichte waren zehntausende junge Menschen im VCP aktiv. Wir wissen, dass es dabei nicht immer gelungen ist, unsere Mitglieder vor sexualisierter Gewalt zu schützen. Aktuell sind uns 64 Altfälle bekannt. Wir müssen davon ausgehen, dass es weitere Fälle gegeben hat.
Wir bedauern sehr, dass Fälle sexualisierter Gewalt jahrzehntelang verschwiegen wurden. Wir sind als aktueller Bundesvorstand, stellvertretend für die Pfadfinder*innen im VCP, zutiefst davon betroffen, dass es dazu in unserem Verband gekommen ist.“

Harald Wiester blickt aus der Perspektive eines Betroffenen kritisch auf den Aufarbeitungsprozess im VCP und befürwortet die wissenschaftliche Aufarbeitung durch das erfahrene Forschungsteam.
An die Betroffenen und Mitglieder aus dem VCP wandte er sich mit folgenden Worten: „Die Studie wird es hoffentlich erleichtern, die bislang vielfach verstellte, blockierte gesellschaftliche Auseinandersetzung mit sexualisierter Gewalt bei den Pfadfinder*innen für diesen Verband anzugehen.
Den Mitgliedern des VCP sage ich: Lasst Euch ein auf diesen Schritt der Aufklärung, sie erwächst nicht aus einer feindlichen Einstellung dem Verband gegenüber!
An die Betroffenen aus dem VCP gerichtet, sage ich: Habt den Mut, diesen Weg zu gehen und meldet Euch! Die Rahmenbedingungen sind gut!“

Um eine ehrliche und unabhängige Untersuchung und somit systematische Aufarbeitung zu gewährleisten, wird die wissenschaftliche Aufarbeitung von unabhängigen Instituten durchgeführt. Das Institut für Praxisforschung und Projektberatung (IPP) und Dissens – Institut für Bildung und Forschung e.V. verantwortet das Forschungsdesign, die Datenerhebung und –auswertung sowie die nachfolgende Veröffentlichung der Ergebnisse.

Peter Caspari vom Forscher*innenteam des IPP erläutert: „Aufarbeitung heißt in vielen Fällen, ein Ende des jahrzehntelangen Schweigens von Betroffenen zu befördern. Wir liefern eine Datengrundlage, auf die sich die Organisation bei ihren Aufarbeitungsbemühungen beziehen kann und geben Empfehlungen, auch konkret zur zukünftigen Prävention. Wir möchten das Ausmaß und die Formen sexualisierter Gewalt klären. Wir möchten Klarheit darüber schaffen, wie es dazu kommen konnte.“

Im Zentrum des Erkenntnisinteresses stünden die Perspektiven Betroffener:
„Bei den Interviews mit Betroffenen, Zeitzeug*innen und Vertreter*innen des VCP sichern wir absolute Verschwiegenheit in Bezug auf persönliche Daten zu und gewährleisten Anonymität. Die interviewten Personen sollen eine größtmögliche Kontrolle über den Verlauf der Gespräche haben, so ist etwa ein Abbruch jederzeit möglich. Zudem können Betroffene im Bedarfsfall an psychosoziale Beratungsangebote weitervermittelt werden.“, betont Peter Caspari.

Dem schloss sich Louisa Kreuzheck, Präventionsbeauftragte im VCP an: „Wir hoffen, dass Menschen die Kraft und den Mut finden, sich bei dem Forschungsteam zu melden und mit ihrer Geschichte zur Aufarbeitung beizutragen. Aufarbeitung bedeutet für uns, Betroffenen die Möglichkeit zu geben, gehört zu werden und Anerkennung zu erfahren. Gleichzeitig sind wir der Überzeugung, dass eine gründliche Aufarbeitung unsere Kindesschutzbemühungen nur stärken kann. Präventions- und Interventionsarbeit sind heute unverzichtbare Bestandteile unserer Arbeit.“

Begleitet wird der Aufarbeitungsprozess durch den Beirat zur Aufarbeitung sexualisierter Gewalt im VCP. Er wurde im Sommer 2020 eingesetzt und vereint VCP-interne und externe Expertise. Finanziert wird der Aufarbeitungsprozess durch den VCP selbst, aus dafür in den vergangenen Jahren gebildeten Rücklagen. Ergebnisse der Studie werden Ende 2025 erwartet. Sie werden vom IPP und Dissens in Form eines Buches veröffentlicht. Die Zwischenzeit wird der VCP nutzen, um seine Präventionsarbeit weiter zu stärken und eine breite Diskussion über den Umgang mit Betroffenen, Täter*innen und Verdachtspersonen im VCP zu führen. Im Verband wird der Prozess seit dem Spätsommer 2019 vorbereitet. Bereits seit dem Jahr 2005 setzt sich der VCP mit dem Thema Prävention sexualisierter Gewalt auseinander. Der VCP hat vielfältige Strukturen, Konzepte und Materialien entwickelt. Ein Verhaltenskodex, das Selbstverständnis zur Prävention sexualisierter Gewalt, wurde auf der 38. VCP-Bundesversammlung im Jahr 2010 einstimmig beschlossen. Es ist als Anhang in die Bundesordnung des VCP aufgenommen und fester Bestandteil von Schulung und Ausbildung.

 

Nähere Informationen zu Zielen des Projekts, Ansprechpartner*innen des Beirats und zur Studie gibt es unter: https://go.vcp.de/Aufarbeitung

Der Aufruf ist in voller Länge hier zu finden: https://go.vcp.de/aufruf

Nähere Informationen zur Prävention sexualisierter Gewalt im Verband heute gibt es hier: https://go.vcp.de/achtsamundaktiv

 

Hintergrund

Im Verband Christlicher Pfadfinderinnen und Pfadfinder (VCP) e.V. sind bundesweit rund 20.000 (junge) Menschen in 650 Stämmen (Ortsgruppen) aktiv, rund 5.000 engagieren sich als ehrenamtliche Mitarbeiter*innen. Mit seiner Arbeit erreicht der VCP jedoch noch viele mehr.

Die Kinder- und Jugendarbeit im VCP ist ein Ort für non-formale Bildung und leistet einen wichtigen Teil für gesellschaftliche Teilhabe und gelingende Lebensführung. Erziehung zu Toleranz und Demokratiefähigkeit, Schutz von Natur und Umwelt, die Orientierung am Evangelium, Internationalität, aber auch Spaß am Abenteuer, Fahrt und Lager sind Schwerpunkte der Arbeit im VCP.

Seit 2005 sind Prävention und Intervention, seit 2019 Aufarbeitung sexualisierter Gewalt Prioritätsthemen der Verbandsarbeit. Pfadfinden bedeutet Kinder und Jugendliche stark zu machen, sie dabei zu unterstützen ihre Persönlichkeit frei von Gewalt und Machtmissbrauch zu entfalten, sich selbst ernst zu nehmen und persönliche Grenzen zu achten.

Neben intensiver Schulungs- und Präventionsarbeit im aktiven Verband ist die externe, wissenschaftliche Aufarbeitung sogenannter Altfälle der nächste logische Schritt für den VCP.

Der VCP bildet zusammen mit vier weiteren Verbänden (BdP, PSG, DPSG, BMPPD) den Ring deutscher Pfadfinder*innenverbände. Dieser ist Mitglied im Deutschen Bundesjugendring (DBJR). Der VCP ist außerdem in der Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend (aej) vertreten und aktiver Teil der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).

 

Pressefoto/Pressemappe

Bild auf Anfrage unter presse@vcp.de oder zum Download in der Pressemappe.

Pressekontakt

Lena Dohmann – presse@vcp.de0162 250 76 80

 

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